Werkstattgespräche

Felix Moeller
über seinen aktuellen Kinodokumentarfilm:
SYMPATHISANTEN – UNSER DEUTSCHER HERBST

Der Regisseur Felix Moeller gibt Einblick in Recherche, Entstehung und Arbeitsprozess seines neusten Filmprojekts SYMPATHISANTEN – UNSER DEUTSCHER HERBST. Die Bundesrepublik in den 1970er Jahren: Künstler, linksliberale Intellektuelle, Hochschullehrer, Journalisten und Geistliche gerieten als vermeintliche geistige Wegbereiter des RAF-Terrorismus ins Fadenkreuz von Polizei, Presse und Politik. Sie wurden als »Sympathisanten« bezeichnet, eine Wortschöpfung der damaligen Zeit. »Sympathisant« wurde zum bestimmenden Un- und Schlagwort der 1970er Jahre. Die prominenten Sympathisantensahen sich zum Feindbild erklärt. Zeitungen wie Bild und Welt bezeichneten sie als das »Reservistenheer des Terrorismus«, »geistige Komplizen« und »Lobredner des Terrors« – mitverantwortlich für Bomben, Morde und Gewalttaten. Der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Heinrich Böll beklagte ein Klima des Denunziantentums und der Hexenjagd.

Auch die Eltern des Regisseurs wurden zu den Sympathisanten gezählt. Margarethe von Trotta und Volker Schlöndorff haben Filme wie DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM, DIE BLEIERNE ZEIT oder DIE STILLE NACH DEM SCHUSS gedreht. Beide haben sich in ihren Filmen intensiv mit dem Thema Terrorismus und den Motiven von Radikalisierung und Gewalt der Protestgeneration auseinandergesetzt. Viele ihrer Arbeiten gelten heute auch international als Hauptwerke des politischen Kinos in Deutschland.

SYMPATHISANTEN – UNSER DEUTSCHER HERBST ist eine persönliche Annäherung an 40 Jahre Deutscher Herbst als Familiengeschichte, Filmgeschichte und Gesellschaftsportrait. Anhand von zahlreichen Filmausschnitten und Archivmaterial, privaten Tagebüchern und unveröffentlichten historischen Dokumenten entfaltet sich eine persönliche Geschichte vor dem größeren zeitgeschichtlichen Hintergrund.

21 09 | 20 30 Uhr
Filmmuseum Potsdam
Moderation
Chris Wahl
Ilka Brombach
Regie
Felix Moeller
Produktion
Amelie Latscha
Koproduktion von Blueprint
Film mit arte / RBB und SWR
Autor
Felix Moeller
Kamera
Börres Weiffenbach

Gerd Kroske
über seinen aktuellen Kinodokumentarfilm:
PSYCHO RAF? – EINE GESCHICHTE DES SPK (AT)

Der Regisseur Gerd Kroske gibt Einblick in den Entstehungsprozess und die Arbeit an seinem neusten Dokumentarfilm PSYCHO RAF? – EINE GESCHICHTE DES SPK (AT) und bringt bereits fertiges Filmmaterial mit. 1970 begründete der Arzt Wolfgang Huber in Heidelberg gemeinsam mit Patienten das antipsychiatrische »Sozialistische Patientenkollektiv« (SPK). Umstrittene Therapiemethoden, politische Forderungen und der massive Zulauf von Patienten, die der üblichen »Verwahr–Psychiatrie« tief misstrauten, führten zum Konflikt mit der Universität Heidelberg, der sich bald zuspitzte und in die Radikalisierung des SPK mündete. Eine nicht geringe Anzahl von dem SPK zugerechneten Personen schloss sich der RAF an, darunter Klaus Jünschke, Gerhard Müller, Margrit Schiller, Lutz Taufer, Bernhard Rössner, Hanna Krabbe, Siegfried Hausner, Elisabeth von Dyck, Ralf Baptist Friedrich und Sieglinde Hofmann. Das Experiment endet schließlich mit Verhaftungen, Gefängnis und der Aberkennung von Hubers Approbation.

Die SPK–Prozesse wirken heute wie eine Vorwegnahme der Stammheim-Prozesse – mit Mitteln zum Ausschluss der Rechtsanwälte, Totalverweigerung der Angeklagten und empfindlichen Strafen für das Ehepaar Huber. Dabei stand die Härte der Strafverfolgung in kaum einem Verhältnis zu den eigentlichen Taten. Der Ruf, die RAF unterstützt zu haben und letztendlich in deren Terror aufgegangen zu sein, haftet dem SPK seither an. Er überlagert, worum es damals eigentlich ging: um die Rechte von Psychiatriepatienten und um Selbstermächtigung, um Fragen also, die noch immer Aktualität besitzen.

PSYCHO RAF? – EINE GESCHICHTE DES SPK (AT) wird sich der unerzählten Geschichte des Deutschen Vorherbstes und seinen Folgen bis ins Heute widmen. Eine Geschichte vom Irresein und Irrewerden, ihrer öffentlichen Wahrnehmung und (nicht) zwangsläufigen Gewalt.

22 09 | 21 00 Uhr
Filmmuseum Potsdam
Moderation
Knut Elstermann
Regie
Gerd Kroske
Dramaturgie
Antje Stamer
Produktion
Koproduktion von
realistfilm mit dem rbb
Redaktion
Rolf Bergmann
Autor
Gerd Kroske
Kamera
Anne Misselwitz
Susanne Schule
Unterstützt durch
Die Bundesbeauftragte für
Kultur und Medien, Deutscher
FilmFörderFonds, Medienboard
Berlin-Brandenburg, Filmförderung
Hamburg-Schleswig-Holstein,
Kulturelle Filmförderung
Mecklenburg-Vorpommern