Symposium

Re-Framing RAF –

Terrorismus in der audiovisuellen Erinnerungskultur

 

Die gängigen Gesamtdarstellungen zur RAF kommen alle zu dem Schluss, dass deren Geschichte im Wesentlichen bekannt ist. Es gibt zwar noch Lücken, beispielsweise bezüglich der konkreten Täterschaft in einigen Fällen oder der Einflussnahme von Geheimdiensten, aber aufgrund der Verschwiegenheit von Terroristen und Agenten stehen die Chancen auf diesbezügliche Aufklärung nicht gut.

Ganz anders verhält es sich jedoch mit dem erinnerungskulturellen Status der RAF; er zeichnet sich nach wie vor durch Kontroversen und Veränderungen von Perspektive und Intensität aus, die es schwer voraussagen lassen, welchen Stellenwert die Geschichte der RAF in Zukunft im kollektiven Gedächtnis der Deutschen haben wird und welche Narrative bzw. Bedeutungen damit verknüpft sein werden. Hier zeigt sich die per se dynamische und kontingente Entwicklung von Erinnerungskulturen.
Seit dem letzten großen Jubiläum des Deutschen Herbstes im Jahre 2007 hat es prägnante Verlagerungen im Blick auf den Terrorismus der 1970er und 1980er Jahre gegeben, die Thema des Symposiums sein sollen: Erstens betrifft dies den Bereich »Terrorismus und Medien«, und zwar sowohl hinsichtlich der Mediennutzung, ohne die weder logistisch noch phänomenologisch Terrorismus möglich wäre, als auch in Bezug auf die zeitversetzte Verarbeitung des Themas in verschiedenen Künsten und Medien. Dies schließt die prominente Verarbeitung in populären Formaten inklusive der damit verbundenen Darstellungskonventionen und (Gender-) Stereotype ein; hierzu sind in den letzten Jahren mehrere grundlegende Publikationen erschienen.

Zweitens hat sich inzwischen ein Generationsbruch vollzogen, der es nun möglich macht, die Auswirkungen des Terrorismus aus der Perspektive der Kinder oder jüngeren Geschwister von Tätern und Opfern zu erzählen, wobei auch die Familien der Täter zu den psychisch Geschädigten gehören können. Zu nennen wären hier die Bücher von Michael Buback und Carolin Emcke sowie der Briefwechsel von Julia Albrecht und Corinna Ponto. Auffällig ist aber, dass es in jüngster Zeit auch eine ganze Reihe von Fernsehfilmen gibt, die familiäre und generationelle Konstellationen zum Ausgangspunkt dokumentarischer oder fiktionaler Auseinandersetzungen machen.

Schließlich ist die Perspektive auf den Linksterrorismus der Vorwendezeit heute überlagert vom aktuellen islamistischen Terrorismus. Die Anschläge in westlichen Staaten seit 9/11 haben den Blick auf den Terrorismus der 1970er und 1980er Jahre verändert, bisweilen werden Aspekte wegen der Verbindung zum palästinensischen Terrorismus gar als Vorgeschichte gedeutet. Diskutieren lässt sich zumindest, inwiefern aktuelle Mediennutzung und Bildprogramme Bezüge zu den historischen Phänomenen aufweisen.

22 09 | 09–17 00 Uhr
ZZF – Zentrum für
Zeithistorische Forschung,
Am Neuen Markt 9d, Potsdam
Tagungsraum

Download Programm